Das Versagen der Sicherheitsorgane
Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden
Das Agieren während der Phase, in der rechtsextreme Gruppierungen "wie Pilze aus dem Boden schoßen" ist, ebenso wie die Ermittlungsarbeit, als extrem unprofessionell und defizitär zu beurteilen. Hier von Ermittlungspannen zu sprechen ist eine Untertreibung. Es ist ein Versagen der staatlichen Ermittlungsbehörden auf ganzer Linie.
Die Generalanwaltschaft, die sich während des Zschäpe Prozesses geweigert hat, die Beteiligung der Sicherheitsbehörden zu verfolgen, ist ebenso ein Teil davon: Zeug*innen wurden nicht zugelassen, Beweise ebenso wenig. Auch den Opfern wurde zum Teil der Respekt versagt. Einige der Fragen zu den Ermittlungen werden hier behandelt.
Umgang mit den Opfern während der Ermittlungen
Jahrelang wurde ermittelt. Obwohl es immer wieder Hinweise auf rechtsextreme Täter gab, ermittelten die staatlichen Behörden im Umfeld der Opfer. Sie gingen davon aus, dass es sich um einen Auftragsmörder der Drogenmafia handelte. Unter anderem versuchten Beamte die Ehefrau eines Opfers zur Aussage zu bewegen, indem sie ihr erzählten, ihr Mann habe eine Affäre mit einer anderen Frau gehabt, was keineswegs den Tatsachen entsprach. Ebenso erging es den Bombenopfern der Keupstraße in Köln.
Durch die Stigmatisierung zu Drogendealern wanden sich Freunde und Bekannte von den Opfern ab, in einer Situation in der die Hinterbliebenen am dringendsten Unterstützung gebraucht hätten.
Eindringlich wird dies in dem Theaterstück "Die NSU - Monologe" von der Bühne von Menschenrechte dargestellt.
Der Fall Temme (Klein-Adolf)
V-Mannführer Temme war bei dem NSU Mord in Kassel an Halit Yozgat im Internetcafe anwesend. Offiziell gab es keine Verbindung seiner V-Mannführerschaft zum NSU. Er leitete Personen aus dem Blood and Honour Umfeld, von dem im Laufe der Ermittlung die Unterstützung des NSU durch das verbotene Netzwerk klar wird. Bei einer Hausdurchsuchung findet man bei "Klein-Adolf" rechtsextreme Verfassungsfeindliche Symbole bei Temme.
Temme war auch V-Mannführer von Stephan Ernst, dem Mörder von W.Lübke.
Finanzierung rechter Gruppierungen
Der Verfassungsschutz glaubte, dass sie die radikalen rechtsextremen Gruppen durch V-Männer ausspionieren konnten, um an sicherheitsrelevante Informationen zu gelangen. Der Verfassungsschutz zahlte Beträge im 5 stelligen Bereich. Die V- Leute informierten jedoch ihre Kamaradschaften und Parteien und gaben das Geld an diese weiter. Gemeinsam wurde entschieden, welche Informationen der Verfassungsschutz erhalten sollte und welche nicht. T. Brandt vom Thüringer Heimatschutz sagte, er hätte seine Organisation niemals ohne das Geld des VS nicht aufbauen können und auch dem NSU Trio kein Geld zukommen lassen.
Warnungen vor Razzien - Hilfe vor Gericht
Die Ermittlungen der Ermittlungsbehörden wurden vom Verfassungsschutz in soweit zu nichte gemacht, in dem rechtsextreme Täter*innen von ihren V-Mann Führern gewarnt wurden, so dass die Ermittler nichts fanden. Ebenso erhielten die V-Leute Hilfe vor gericht. Tini Brandt wurde wegen mehrfachen Kindesmissbrauch angeklagt und verurteilt, nachdem die Zusammenarbeit mit dem VS nicht mehr stattfand. Vorher wurde Brandt nicht verurteilt.
Trotz Verschleierung kann davon ausgegangen werden, dass viele Personen aus dem rechtsextremen Kreis Haftverkürzungen durch V-Mannaktivitäten erhielten.
Der Fall Kiesewetter
Der Mord an M. Kiesewetter ist schon aufgrund der Tatsache merkwürdig, da Frau Kiesewetter die einzige Deutsche innerhalb dieser Mordserie ist. Unzählige Fragen sind nach dem NSU Prozess und den Untersuchungsausschüssen offen geblieben.
Hat M. Kiesewetter wirklich über eine rechtsextreme Terrorzelle in ihrem Heimatbundesland Thüringen privat ermittelt?
In wie weit spielte die Verbindung ihrer Vorgesetzten zum Klu Klux Klan bei dem Mord eine Rolle (Der NSU war selbst Mitglied beim KKK)?
Waren an der Tat andere oder weitere Täter anwesend?
Von der lückenlosen Aufklärung, die Kanzlerin Merkel versprochen hatte, ist nicht viel übrig geblieben.
Frankfurter Rundschau 1.8.2012
Im Fall der in Heilbronn ermordeten Polizistin haben Ermittler vor einigen Monaten eine Spur in das rassistische Milieu des Ku-Klux-Klans (KKK) verfolgt. Dem Geheimbund gehörten zwei Kollegen der Polizistin vor zehn Jahren kurzzeitig an. Beide sind auch heute noch im Staatsdienst. [...]Beamte sind nach wie vor im Dienst. Gleichwohl sind die beiden baden-württembergischen Polizisten, die zwischen November 2001 und September 2002 der deutschen KKK-Sektion angehörten, auch heute noch im Staatsdienst. Ein Sprecher des Stuttgarter Innenministeriums sagte, es habe damals allerdings disziplinarrechtliche Konsequenzen gegen die beiden Beamten gegeben. Welcher Art diese waren, sagte er aber nicht.Als Falschmeldung entpuppte sich ein Bild-Bericht, wonach der damalige Zugführer von Kiesewetter ebenfalls KKK-Mitglied gewesen sei. Die Zeitung hatte spekuliert, der Beamte habe seinerzeit den mutmaßlichen Polizistenmördern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) verraten, wann das Polizeifahrzeug mit den beiden Beamten auf Streife fahre. Der von Bild verdächtigte Zugführer wies eine KKK-Mitgliedschaft jedoch zurück, es handele sich um eine Namensverwechslung, sagte er. [...] Die Bundesanwaltschaft ließ die KKK-Spur deshalb überprüfen, weil der damalige Klan-Anführer in Baden-Württemberg, Achim S., in den 90er Jahren bundesweit mit verschiedenen Rockbands auf Skinhead-Konzerten aufgetreten war. Die beiden Neonazis Mundlos und Böhnhardt waren vor ihrem Abtauchen Anfang 1998 häufig auf solchen Konzerten zu Gast und zum Teil auch an deren Organisation beteiligt. Es wäre möglich, dass die beiden dabei auch Achim S. kennengelernt hatten.
Rechte Strukturen bei den Sicherheitsorganen
Innerhalb der Sicherheitsbehörden (Polizei, Verfassungsschautz etc.) kommt es immer wieder zu Skandalen, die vom nordrheinwestphälischen Innenminister reul immer wieder als Einzelfälle bezeichnet werden. Es werden polizeiinterne Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten (Hitlermenes, Holucaustleugnung, Antisemitismus etc.) öffentlich, in denen Beamt*innen ihr antidemokratisches Weltbild befeuern. Seitens des Staates wird nichts unternommen, um diese Tendenzen einzudämmen.
Weiterfürende Links
Rechtsextreme Netzwerke - Staatsfeinde in Uniform
V Mann Land - Spitzel im Staatsauftrag
Das System der V-Leute: Sicherheitsgaranten oder Brandstifter im Staatsauftrag?
NEO MAGAZIN ROYALE -Liebesgrüße aus Chorweiler - Hans-Georg Maaßen und der Verfassungsschutz
Roewer, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen 1994 - 2000
MDR Podcast: Der Verfassungsschutz - Geheimnisse und Skandale einer Behörde
detectiv – Recherche-Serie | Racial Profiling in Deutschland - Das Problem, das es nicht geben darf